Die verborgenen Parallelen
In der Welt der Menschen und auch der Pferde verbirgt sich eine unterschätzte, aber äußerst wirkungsvolle Kraft: Hochsensibilität. Trotz ihrer unterschiedlichen Spezies weisen Menschen und Pferde erstaunliche Ähnlichkeiten in ihrer Wahrnehmung und Reaktion auf die Welt als hochsensible Lebewesen auf. Beide zeigen eine tiefe Sensibilität gegenüber ihrer Umgebung und den Menschen um sie herum. Sie können subtile emotionale Nuancen erfassen und auf feinste Signale reagieren.
Diese verborgenen Parallelen verdeutlichen die universelle Natur der Hochsensibilität und zeigen, wie sie Menschen und Pferde auf eine einzigartige Weise miteinander verbindet.
Die Essenz der Hochsensibilität
Diese erhöhte Sensibilität hat mit den Auswirkungen der neurophysiologischen Sensitivität des Nervensystems zu tun, insbesondere dem limbischen System, das für die Verarbeitung von Emotionen und Reizen verantwortlich ist. (Lies auch hierzu den Blog über das Limbische System)
Studien zeigen eine erhöhte Aktivität bestimmter Gehirnregionen bei hochsensiblen Individuen, die mit der Wahrnehmung und Verarbeitung von sensorischen Reizen in Zusammenhang stehen.
Die biologische Realität der Hochsensibilität: Neurowissenschaft
Die zunehmenden wissenschaftlichen Untersuchungen über Hochsensibilität haben deutlich gemacht, dass diese Eigenschaft auf einer festen neurophysiologischen Basis beruht.
Es gibt interessante Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass spezifische neuronale Muster möglicherweise eine Verbindung zu diesen Persönlichkeitsmerkmalen haben. Neurowissenschaftliche Studien werfen Licht auf die grundlegenden nervenbiologischen Mechanismen von Hochsensibilität.
Aktivierung bestimmter Hirnareale
Untersuchungen mittels bildgebender Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) haben gezeigt, dass hochsensible Lebewesen eine verstärkte Aktivierung bestimmter Hirnareale aufweisen können, insbesondere solche, die mit der Verarbeitung von Reizen und Emotionen verbunden sind. Dazu gehören Bereiche wie die Amygdala, der präfrontale Cortex und der posteriore cinguläre Cortex.
Erhöhte sensorische Verarbeitung
Hochsensible Lebewesen erfahren eine tiefere und intensivere Verarbeitung sensorischer Reize. Dies könnte auf eine erhöhte Aktivität in Hirnregionen zurückzuführen sein, die für die Verarbeitung sensorischer Informationen zuständig sind, wie zum Beispiel die Thalamus-Hirnregion.
Stärkere emotionale Reaktivität
Hochsensible Lebewesen neigen dazu, stärker auf emotionale Reize zu reagieren. Dies könnte mit einer erhöhten Aktivität in Hirnregionen verbunden sein, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind, wie der Amygdala und dem anterior cingulären Cortex.
Empathiefähigkeit
Hochsensible Lebewesen zeigen oft eine erhöhte Empathiefähigkeit, was möglicherweise mit einer stärkeren Aktivität in Hirnregionen verbunden ist, die mit der Empathieverarbeitung assoziiert sind, wie dem spiegelnden neuronensystem und der anterior insulären Cortex.
Erhöhte Reizverarbeitung
Hochsensible Lebewesen weisen eine erhöhte Reizverarbeitung auf, was sich in einer erhöhten Aktivität des autonomen Nervensystems manifestiert, insbesondere in Bezug auf Reize wie Lärm oder visuelle Stimulation.
Die biologische Realität der Hochsensibilität: Genetik und Epigenetik
Untersuchungen der Genetik legen nahe, dass genetische und epigenetische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von Hochsensibilität spielen können.
Genetik befasst sich mit der Vererbung von Merkmalen durch Gene, während Epigenetik die Untersuchung von Veränderungen in der Genaktivität betrifft, die nicht auf Veränderungen in der DNA-Sequenz zurückzuführen sind. Bestimmte Gene und genetische Variationen wurden mit einer erhöhten Sensibilität gegenüber Umweltreizen in Verbindung gebracht.
Die biologische Realität der Hochsensibilität: Evolutionstheorie
Somit wird auf Basis der Evolutionstheorie argumentiert, dass Hochsensibilität eine Weiterentwicklung in der Anpassung an die heutigen komplexten Umgebungen darstellt, die eine erhöhte Aufmerksamkeit für subtile Reize erfordern.
Zusammenfassend zeigt die Integration von Evolutionstheorie und Neurowissenschaften, dass Hochsensibilität eine komplexe und multidimensionale Eigenschaft ist, die durch eine Kombination aus genetischen, neurobiologischen, evolutionären Faktoren, die durch Erfahrungen des Lebens geprägt ist.
Elaine und Arthur Aron, PhD, sowie Jadzia Jagiellowicz sind renommierte Psychologen, die sich auf die Erforschung von zwischenmenschlichen Beziehungen und Persönlichkeitsmerkmalen, wie der Hochsensibilität, spezialisiert haben. Ihre Studie trägt den Titel: „Sensory processing sensitivity: A review in the light of the evolution of biological responsivity“. Diese Studie ist von grundlegender Bedeutung im Bereich Hochsensibilität, da sie aufzeigt, dass hochsensible Menschen und Tiere, wie durch Neurowissenschaften unterstützt, eine erhöhte Empfänglichkeit für sensorische Reize haben. Dies ermöglicht es ihnen, feine Nuancen ihrer Umgebung wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren. Dieses Phänomen wird als Sinnesverarbeitungssensitivität bezeichnet.
Die Sinnesverarbeitungssensitivität (Lies auch den Blog über Sensitiviät der Sinne bei Pferden) umfasst die erhöhte Verarbeitung von Informationen aller Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten oder Fühlen) sowie möglicherweise auch anderen sensorischen Modalitäten wie dem Gleichgewichtssinn und der Tiefensensibilität. (Lies auch den Blog über Tiefensensorik, das propriozeptives System bei Pferden)
Dr. Elaine Aron und ihre Kollegen legen in ihrer Studie schlussendlich dar, dass die erhöhte Sensibilität eines Menschen oder Tieres absolute evolutionäre Vorteile bietet, da sie die Anpassungsfähigkeit und Überlebensfähigkeit in komplexen Umgebungen fördert.
Das Empfinden von Hochsensibilität: Eine tiefere Betrachtung
Das hochsensible Individuum, ob Pferd oder Mensch, erlebt oft eine überwältigende Intensität in den Eindrücken, die es von der Welt um sich herum empfängt. Jedes Geräusch, jede Berührung, jeder visuelle Reiz kann wie eine Flut von Sinneseindrücken wirken, die einen fast überwältigen können.
Es nimmt Dinge wahr, die anderen möglicherweise entgehen würden – feine Nuancen in der Umgebung, subtile Veränderungen in Stimmungen oder Energie. Das kann sowohl wunderbar als auch zermürbend sein. Im Alltag bedeutet das, dass der hochsensible Mensch, aber auch das hochsensible Pferd oft emotionale Schwankungen erlebt. Sie fühlen sich dadurch schnell überfordert oder gestresst, wenn die Umgebung zu viel wird. Ein lauter Raum oder starke Düfte können regelrecht schmerzhaft sein. Sie fühlen sich, als wäre man ohne Schutzschicht unterwegs, und das kann zu einer gewissen Verletzlichkeit führen. Aber gleichzeitig gibt es auch wundervolle Momente der Verbundenheit durch starke Eindrücke mit der Welt.
Diese Sensibilität erlaubt einem alle Emotionen des Lebens in ihrer ganzen Tiefe zu erfahren. Für Pferde machen eben ähnliche Erfahrungen wie Menschen. Sie nehmen jede Bewegung, jeden Ton und jeden Geruch in ihrer Umgebung auf. Deshalb können sie schnell von Angst oder Stress überwältigt werden, wenn ihre Umgebung zu überstimulierend ist.
Insgesamt bedeutet Hochsensibilität, sowohl für Menschen als auch für Pferde, sich in einer oft lauten und chaotischen Welt zurechtzufinden. Es bedeutet, sich selbst zu schützen, Grenzen zu setzen und gleichzeitig die Schönheit und Tiefe der Welt zu schätzen, die nur durch diese erhöhte Sensibilität erlebbar wird. Für ein hochsensibles Lebewesen, sei es ein Mensch oder Pferd, kann es äußerst belastend sein, wenn es nicht in seinem individuellen Sein gesehen, gehört, gefühlt oder verstanden wird. Es kann ein Gefühl der Isolation und der Entfremdung verursachen, das tiefgreifende Auswirkungen auf das emotionale Wohlbefinden hat. (Lies auch hierzu meinen Blog über die Polyvagal-Theorie)
Wenn bei einem Säugetier, das in Gruppen oder einer Herde lebt, das Gefühl entsteht, nicht gesehen oder gehört zu werden, kann sich das wie eine unsichtbare Barriere anfühlen, die einen von anderen trennt. Man kann sich einsam und unverstanden fühlen, selbst wenn man von seiner Familie oder Artgenossen umgeben ist.
Es kann zu einem Gefühl der Entfremdung von der Welt und den anderen führen, was wiederum zu einem Verlust des Vertrauens und der Verbundenheit führt. Gefühlt zu werden, bedeutet, dass die eigenen Emotionen, Bedürfnisse und Erfahrungen von anderen anerkannt und respektiert werden. Hier auch vom Pferdebesitzer zum individuellen Sein seines Pferdes. Wenn diese Anerkennung fehlt, kann das zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit oder des Nichtbeachtetwerdens führen. Frustration, Verzweiflung und sogar zu einem Rückzug aus sozialen Interaktionen sind die Folge, um sich vor weiteren Verletzungen bzw. instinktivem Stress zu schützen.
Verstanden zu werden ist ebenfalls entscheidend für das Wohlbefinden eines hochsensiblen Lebewesens. Es bedeutet, dass andere die einzigartige Art und Weise verstehen, wie man die Welt wahrnimmt und darauf reagiert. Wenn dieses Verständnis fehlt, kann das zu Missverständnissen, Konflikten und einem Gefühl der Fremdheit führen.
Das mangelnde Verständnis und die fehlende Anerkennung für Neurodivergenz, die die Vielfalt von Gehirnstrukturen und -funktionen umfasst, die von der Norm abweichen, können ernsthafte emotionale Folgen haben, insbesondere im Hinblick auf Aspekte wie die Hochsensibilität eines Individuums.
Es ist wichtig, dass vor allem wir Menschen einfühlsam auf die Bedürfnisse und Empfindungen anderer reagieren, um ein Gefühl der Zugehörigkeit, der Unterstützung und des Wohlbefindens zu fördern.
Die Herausforderungen und Chancen
Für Menschen und Pferde bietet Hochsensibilität sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Obwohl hochsensible Individuen anfälliger für Überstimulation und Stress sind, können sie eine tiefe Verbundenheit zur Natur und anderen Lebewesen aufbauen. Diese Dualität ermöglicht es, die Stärke in der Sensibilität zu erkennen und sie als Quelle der Inspiration und des persönlichen Wachstums zu nutzen.
Insgesamt gilt meines Erachtens nach, indem wir die Herausforderungen des Lebens und Miteinanders annehmen und die Chancen nutzen, können wir eine erfülltere und authentischere Existenz erreichen.
Die Kunst des einfühlsamen Umgangs
Hast du ein hochsensibles Pferd, gibt es Menschen in deinem näheren Umfeld, die hochsensibel sind?
Oder bist du selbst hochsensibel?
Kennst du oder ihr gemeinsam tägliche Überreizungen, das Wahrnehmen von Stimmungen bevor es das Gegenüber überhaupt realisiert und du kannst es kaum mitteilen, oder fühlt sich dein Pferd manchmal betrübt oder überfordert ohne nennenswerten Grund, sowie du auch? Übernehmt ihr Emotionen von anderen, oder gleicht andere sogar emotional aus, damit mehr Ruhe und Harmonie herrscht?
Die Kunst des einfühlsamen Umgangs mit hochsensiblen Menschen und Pferden erfordert Geduld, Mitgefühl und Verständnis. Auch für dich selbst. Du oder ihr seid nicht falsch! Kommuniziert sanft und einfühlsam,wie ihr es braucht. Passt euch nicht an! Schafft für euch eine unterstützenden Umgebung, damit ihr Raum habt! Baut für euch allein eine liebevolle und respektvolle Beziehung auf, die auf Vertrauen und gegenseitigem Verständnis basiert.
Indem ihr eure Bedürfnisse und Empfindungen als hochsensible Seelen achtet, schafft ihr miteinander eine Atmosphäre der Geborgenheit und des Wohlbefindens, in der ihr euer volles Potenzial entfalten könnt.
Strebt nicht nach der Norm, passt euch nicht an, versucht nicht dazu zu gehören, seid die Norm! Erzählt anderen wer ihr seid und setzt Grenzen für euch!
Schlussgedanken
In der Welt der Mensch-Pferd-Beziehung ist Hochsensibilität ein kostbares Geschenk, das uns zu einer tieferen Verbindung und einem erfüllten Leben führen kann.
Möge dieses Wissen uns dazu inspirieren, unsere Sensibilität zu ehren und die Schönheit in der Empfindsamkeit zu erkennen, sei es auf zwei oder vier Beinen.
Denn in der Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd liegt die Kraft, die uns einander näher bringt und uns erlaubt, gemeinsam zu wachsen und zu blühen.
Ich freue mich über Rückmeldung hierzu und melde Dich bei mir, wenn Du Unterstützung brauchst.
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